Fetisch und Fetisch sind zwei paar Stiefel
Post by (mbt schuhe günstig) July 2010
Rosita Nenno läuft hin und wieder gerne barfuß. Manchen Leuten kommt das komisch vor, schließlich ist sie die stellvertretende Direktorin des Deutschen Schuh- und Ledermuseums in Offenbach. "Erstaunten Besuchern erkläre ich dann, dass die Schuhe ja alle in der Vitrine stehen und ich deshalb barfuß gehen muss", sagt Rosita Nenno schmunzelnd. Man muss keine Schuhe tragen, um sich bestens mit ihnen auszukennen.
Jedenfalls Rosita Nenno nicht: "Mich interessiert die Symbolkraft von Schuhen, die Bedeutung, die ihnen beigemessen wird." Dass das Gebiet der (Damen-)Schuhe ein fruchtbares Forschungsfeld ist, kann man sich denken. Eine Studie der Frauenzeitschrift "Laura" bestätigt: jede zweite Frau besitzt mehr als 25 Paar Schuhe, so das Ergebnis der Umfrage unter 1000 Frauen im Alter zwischen 20 und 50 Jahren. 38 Prozent besäßen zwischen zehn und 25 Paaren, eine Minderheit, gerade einmal 17 Prozent, gibt sich mit weniger als zehn Paaren zufrieden. Der Reiz von Schuhen, davon ist Nenno überzeugt, liege vor allem darin, dass es beim Kauf keine Rolle spiele, ob die Trägerin gerade ein paar Kilo mehr oder weniger auf die Waage bringt. "Schuhe passen immer."
Die Fußbekleidung gehört modisch gesehen in die Kategorie der Accessoires. "Sie nehmen dort eine prägnante Rolle ein. Mit Schuhen gibt man ein größeres Statement ab als mit einer Kette", sagt Sibylle Klose, Professorin für Mode an der Fachhochschule für Gestaltung in Pforzheim. "Mit den Schuhen drückt man eine Haltung aus." Nicht genug, dass man je nach Schuh eine andere Körperhaltung einnimmt, das Modell entscheidet auch über die Außenwirkung der Person.
Kein Wunder, dass viele Menschen ihrem Gegenüber erst einmal auf die Schuhe schauen. Sibylle Klose: "Stellen Sie sich eine Frau in Jeans und weißem T-Shirt vor und wechseln Sie gedanklich die Schuhe aus - vom Flip-Flop über den Turnschuh, zum Military-Boot bis zum High Heel. Die Person wird jeweils unterschiedlich wirken."
Auch das Geräusch von Schuhen sei ausschlaggebend. "Wer mit Absätzen Lärm macht, zieht die Aufmerksamkeit auf sich." Die Modeexpertin vergleicht den Schuhtick vieler Frauen gerne mit der Liebe zu Autos bei Männern. "Schauen Sie sich Sportwagenfahrer an. Nicht selten sind das ältere Herren, die sich jung und dynamisch fühlen möchten. Ähnlich ist das bei Frauen und ihren Schuhen: sie möchten sich schön und sexy fühlen und schmücken ihre Füße dementsprechend."
Manche Schuhe unterstreichen die Wirkung der Füße und machen sie zu einem erotischen Blickfang. Andrea Müller, die Kuratorin der Ausstellung "Schuhtick - von kalten Füßen und heißen Sohlen" im Mainzer Landesmuseum, schreibt im Katalog dazu: "High Heels, Lackstiefeletten, federverzierte Pantöffelchen, Overkneestiefel oder Pumps mit Fesselband - die Übergänge zwischen sinnlichen und erotischen Schuhen oder Schuhen mit Fetischcharakter sind fließend."
Womit wir beim erotischen Moment des Schuhs angelangt wären. Schließlich ist Schuhfetischismus nicht gleich Schuhfetischismus. "Im landläufigen Sinn gilt zum Beispiel die Frau des ehemaligen philippinischen Diktators Imelda Marcos als Schuhfetischistin mit ihrer Hunderten von Schuhen umfassenden Sammlung", sagt Rosita Nenno. Ebenso schuhverrückt sind natürlich Carrie & Co. aus der Serie "Sex and the City", die Designern wie Manolo Blahnik, Jimmy Choo oder Christian Louboutin durch ihre charmant-neurotische Schuhbesessenheit zu großer Popularität verholfen haben. Doch all diese Damen sind weit davon entfernt, Schuhfetischistinnen zu sein, zumindest im sexualwissenschaftlichen Sinn.
Dieses Gebiet haben vornehmlich die Männer für sich vereinnahmt. "Prostituierte auf der ganzen Welt kennen Freier, deren einziges Begehr es ist, ihre Schuhe oder Stiefel zu berühren, zu küssen oder zu lecken", sagt Rosita Nenno. In den USA nennt man diese "Bootmen", in Deutschland sind sie als Stiefelfreier oder eben Schuhfetischisten bekannt.
In dem Aufsatz "Affen im Tütü und der Schuh als Fetisch", den Rosita Nenno für den Katalog der Mainzer "Schuhtick"-Ausstellung geschrieben hat, beschäftigt sie sich mit der erotischen Seite des Schuhs. Sie stellt fest: "Seit Jahrhunderten sahen unsere Ahnen den Fuß als Symbol für das männliche Geschlecht, so wie der Schuh, in den er sich hineingleiten lässt, das weibliche repräsentiert."
Der Sexualwissenschaftler und Autor Martin Dannecker erklärt:. "Von einem Schuhfetischismus spricht man, wenn Schuhe für die sexuelle Erregung unabdingbar sind." Kleidungsstücke, insbesondere Schuhe, eignen sich laut Dannecker deshalb besonders gut als Fetisch, weil sie eine enge Verbindung zum Körper haben. "Neben dem Stöckelschuh oder dem bis zum Oberschenkel reichenden Schnürstiefel kann auch jeder Turnschuh oder Pantoffel zum Fetisch werden." Üblicherweise sind es jedoch High Heels oder Stiefel, die zum Objekt der Begierde werden.
Häufig kommt der Schuh- oder Stiefelfetischismus in sadomasochistisch geprägten Beziehungen vor. In Arne Hoffmanns "Lexikon des Sadomasochismus" findet sich zum Stichwort Stöckelschuhe ein prägnantes Foto: ein Damenfuß in einem mit nadelspitzem Metallstiletto versehenen Pumps zertritt eine Männerhand. Der Kommentar dazu: "Stöckelschuhe: Insignium weiblicher Herrschaft." Man könnte auch sagen: der weibliche Schuhtick und der männlich geprägte Schuhfetischismus vereinen sich in diesem Bild auf bizarre Art und Weise. Barfuß wäre das jedenfalls nicht passiert.
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