Die Königswellen-Kawasaki W 800 im 60er-Jahre-Geist

04/04/2011 14:53

Post by (brautjungfernkleider) Apr 2011

Süddeutschland, im Februar 2011. Ein sehr blauer Himmel überspannt Hügel und Täler als gewaltige Kuppel. Lässt hier bereits der heiß ersehnte Frühling seine Bande flattern? Diese Wärme, diese Sonne. Oder macht einem hier etwas ganz Anderes so wohlig-warm ums Herz? In Form von Anmut und Stil in Reinkultur. Authentisch, geschmackvoll, ansprechend, so steht die Kawasaki W 800 als Nachfolger der seligen 650er da. Klassisch mit Königswelle, Kühlrippen, weil luftgekühlt, und Speichenrädern. Eine Aura umgibt dieses Motorrad wie ein Mantel. Es ist eine wahre Augenweide, ein Erlebnis, das unter die Bindehaut geht.

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Kawasaki  W 800  Naked Bike  Retro-Bike
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Tiefes sattes Grün, British Racing Green, was sonst, kontrastiert mit hellem Silber an den Flanken des 14-Liter-Tanks. Massiv metallene Chromschutzbleche treffen auf einen traditionellen, stählernen Doppelschleifenrohrrahmen und Stereo-Federbeine. Selbst die Radnaben sind sinnlich gestaltet. Das i-Tüpfelchen sind Faltenbälge und poliertes Aluminium an den Tauchrohren der 39er-Telegabel. Hier stimmen Proportionen und Linienführung, Materialien (ganz wenig Plastik) und Ausstrahlung. All das ist keine Tester-Attitüde, sondern handfest erlebbar. Roll bloß mal mit diesem Motorrad, das aussieht als sei es 1965 gebaut worden, an irgendeinen Platz, den man garantiert nicht mit Kraftfahrzeugen befahren darf.

Dann öffnen sich selbst die Herzen der Menschen in Stuttgart, sonst nicht gerade die Hochburg zwangloser Unterhaltung zwischen Wildfremden: "Die ist aber schön." Das merken die Menschen intuitiv. Jogger kommen aus dem Tritt, Hundehalter vergessen ihre Vierbeiner, Radfahrer haut es fast aus dem Sattel. Die W 800 wirkt hochkommunikativ, sie wird bei "offenen" Rheinländern vermutlich spontane Menschenaufläufe auslösen. Die Fragen sind immer die gleichen, welche Marke, wie alt, wie lange restauriert? Nun, Kawasaki ist nicht so einfach zu erkennen, weil nur ein dickes "W" inmitten der ausladenden, verchromten Tank-Enbleme prangt. Dass die Maschine nagelneu ist, noch keine 1000 Kilometer gelaufen hat, will niemand glauben.
Kawasaki W 800 Motor
Offenherzig: Bei der Verkleidung und Verkabelung der Einspritzanlage hätte sich Kawasaki mehr Mühe geben können.

Erst das Surren der Benzinpumpe beim Drehen des Zündschlüssels, das hätte es früher nicht gegeben. Die 800er hat Einspritzung. Und daher auch keinen Kickstarter, im Gegensatz zur 1999 präsentierten, vergaserbestückten W 650, auf der sie ja basiert. Also nicht antreten, sondern Knöpfchen drücken. Auch Choke war früher. Säuselnd erwacht der 773 cm3 messende Paralleltwin, blubbert leise, unauffällig aus den übermotivierten, zum Weinen schönen Schalldämpfern vor sich hin. Also so gar nicht wie eine Maschine aus den Roaring Sixties. Synchron laufen die nun 77 Millimeter messenden Kolben wie gehabt 83 Millimeter zwischen den Totpunkten hin und her. Folglich fährt der 800er-Motor gegenüber dem tief stapelnden 650er bei unverändertem Hub fünf Millimeter mehr Bohrung und "nur" 97 cm3 mehr Hubraum auf.

Daraus resultiert ein handfester Charakter-Unterschied: Das alte Aggregat war in Relation zur Bohrung noch langhubiger. Und kam auch genau so rüber, noch einen Tick lässiger. Sich aus niedrigsten Leerlaufdrehzahlen hochblubbern, zelebrierte der 650er-Twin noch eindrucksvoller. Nicht angestrengt wirkend, aber auch nicht wirklich drehfreudig stampft das 800er-Triebwerk durchs Drehzahlspektrum, hat objektiv gesehen mehr Dampf als das alte. Nur noch 48 PS Nennleistung, dereinst waren es 50, entsprechen kommenden Führerscheinregelungen. Real sind es 49 PS und maximal magere 62 Newtonmeter Drehmoment. Doch Leistung ist hier relativ. Man bewegt sich doch. Und wie! Dank aufrechter Fahrerhaltung entdeckst du selbst auf der Hausstrecke beständig Neues.

Deine Knie parken nach Altväter Sitte an etwas harten Kniekissen, der Lenker passt in Höhe und Breite wie angegossen. Und die leicht gestufte, gerippte Sitzbank ist bequem und im vorderen Bereich schön schmal geschnitten. Entspannung und Entschleunigung geben sich die Hand. Sollen die Vertreter-Typen in ihren TDIs doch drängeln. Nein, mit der W 800 klinkst du dich aus, entsagst Leistungswahn und PS-Protzerei. Weich, ganz weich, spürst du den elastischen Paralleltwin pulsieren.

Das perlt! Absolut exklusiv treibt rechts die Königswelle die obenliegende Nockenwelle, und diese wiederum vier Ventile pro Zylinder an. Oben heraus, ab 4000/min, auf der Bahn vor allem, kann das Kribbeln der Kawa auch mal lästig werden. Selber Schuld, wer sich kurz vorm roten Bereich bei 7000 Touren herumtreibt.
Kawasaki W 800 Tacho
Kein Informations-Overkill: klassische Runduhren mit den nötigsten Informationen und digitalem Kilometerzähler.

Genau so gutmütig geht auch das Fahrwerk der W zu Werke. Wer als Knirps sein Dreirad gut im Griff hatte, kommt mit der 217 Kilogramm leichten Kawasaki prima zurecht. Sie weckt spontan Vertrauen. Auf ihrer 19-Zoll-Felge vorn und dem 18-Zöller hinten rotieren schmale Pneus, 100 und 130 Millimeter breit. Darauf fällt es sich leicht in Schräglage. Berechenbar wie ein Sextant auf See zirkelt die Kawa um die Kurven an Land. Wenn die Rasten kratzen, lässt man es freiwillig gut sein. Weil dieses Old-fashioned-Fahrerlebnis ganz einfach beschwingt. Toll sind die Dunlop-Reifen Roadmaster GP. Weil sie so herrlich nach alten Zeiten klingen, nach Roadholder-Gabeln von Norton. Dazu sehen sie verwegen aus, Scrambler-artig, mit recht grober Profilierung.

Die Roadmaster haften selbst auf angenässten Strecken - es ist halt doch noch Februar - sehr manierlich. Und wenn‘s zu viel wird, kündigen sie mögliche Rutscher frühzeitig an. Selbst kleinere Feldwege meistern Mann und Maschine, Reifen und Chassis gelassen. Fein genug federt und dämpft die Gabel, fröhlich schwingen die komfortablen, doch leicht unterdämpften Federbeine nach. Na und? So bleibt für Ikon, vormals Koni, mit seinen tollen Youngtimer-Federbeinen auch noch Raum. Im Falle eines Falles musst du ganz schön am Handhebel der stumpfen Vorderradbremse ziehen. Der Doppelkolbenschwimmsattel beißt zahnlos auf die Einzelscheibe. Eine Art mechano-hydraulisches ABS. Wenigstens bietet die stilechte Trommelbremse hinten ordentliche Unterstützung.

Schön und durchdacht sind viele Details des rollenden Sympathieträgers. Neben dem Zweifarblack brillieren ganz simpel Helmschloss, Hauptständer und reichlich Gepäckhaken. Dazu sind beide Handhebel einstellbar und, ganz im Zeichen neuzeitlicher Technik, zwei Gaszüge verlegt, einer zum Öffnen, einer zum Schließen der 34er-Primär-Drosselklappen. Die Sekundärklappen steuert der Bordrechner. Eine Flüssigkristall-Uhr im Cockpit und ein gekröpftes Ventil am Hinterrad machen das Leben leichter. Und der Preis? 8360 Euro. Klingt nach viel für ein Motorrad mit wenig Superlativen. Als die W 650 im Jahr 2005 auslief, kostete sie gut 1500 Euro weniger. Seither sind ihre Gebrauchtpreise stark gestiegen. Klassiker aus der Kiste treffen einen Nerv. Insofern sind 8360 Euro angemessen für glückliche, nostalgische Momente, für Wellenbewegung in Gestalt der Kawasaki W 800.

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