67500 Kilometer und 47 Paar Schuhe
Post by (mbt schuhe günstig) Sep 2010
I n Yarram findet die Geburtstagsparty statt. Yarram ist ein kleiner Ort im Süden des australischen Bundesstaates Victoria. Vor zehn Jahren kannte der Kanadier Jean Béliveau diesen Ort nicht einmal. Jetzt wird der Mann aus Montreal dort heute seinen 55. Geburtstag feiern. Der Anmarsch war lang und beschwerlich. Exakt zehn Jahre brauchte er dafür, etwa 67 500 Kilometer legte er zurück - zu Fuß.
Yarram, eine Gemeinde in der Nähe von Melbourne, liegt auf Béliveaus Wanderweg rund um den Globus. Es ist ein Marsch, der vor zehn Jahren begann und im nächsten Jahr nach rund 75 000 Kilometern wieder in Montreal enden wird. "Freunde warten in Yarram auf mich", sagt der Mann mit dem grauen Haarschopf und den buschigen Augenbrauen. "Freunde", das sind Menschen, denen er zufällig auf seiner Wanderung begegnet, die ihn einladen und an Bekannte weiterreichen. "Es ist oft eine Kette. Ich werde von Ort zu Ort weitergereicht." Etwa 1300 Familien haben ihn in den zehn Jahren in ihr Haus eingeladen.
Luce Archambault wird bei der Party fehlen. Sie ist Béliveaus Lebensgefährtin. Das helle Büro im Obergeschoss des dreistöckigen Hauses in Montreal, wo sie zusammen ihre Wohnung haben, ist das logistische Zentrum der weltumspannenden Wanderung, die am 18. August 2000 begonnen hatte, Béliveaus 45. Geburtstag. "Wenn immer es geht, skypen wir", erzählt die 66-Jährige. Die Wand hinter ihr ist mit Fotos ihres Lebensgefährten gepflastert. Ständig aktualisiert sie die Website www.wwwalk.org mit Informationen über die Wanderung. Den Januar hatte sie mit Béliveau in Sydney verbracht. Erst Anfang 2011 wird sie ihn wieder umarmen können, wenn er in Vancouver eintrifft.
Archambault erinnert sich genau an den Tag, als Béliveau ihr seine Pläne offenbarte, drei Wochen vor Beginn der Wanderung. "Wir saßen beim Sonntagsfrühstück, und er sagte, dass er um die Welt wandern wird. Ich war völlig überrascht. Ich weinte." Neun Monate lang hatte er sich vorbereitet, ohne dass seine Frau es merkte.
"Ich musste es machen", erzählt Jean Béliveau am Telefon. Er hatte Leuchtreklame für Unternehmen hergestellt und verkauft, was ihn nicht glücklich machte. Er drohte depressiv zu werden, war inmitten einer tiefen "midlife crisis". Mit Kraft- und Lauftraining versuchte er sich zu befreien. Zehn bis 15 Kilometer rannte er am Tag. "Irgendwann fragte ich mich, was wäre, wenn ich einfach weiterliefe." Eine Idee war geboren, die ihn nicht mehr losließ. Aber es sollte nicht nur ein Abenteuer sein. "Luce sagte mir: Ich versuche dich zu unterstützen. Aber sie sagte auch, dass meine Reise einen Zweck haben soll."
Der Zweck war schnell gefunden: 2000 war das von den Vereinten Nationen proklamierte "Internationale Jahr für eine Kultur des Friedens" und das Jahrzehnt 2001 bis 2010 wurde zur "Internationalen Dekade für eine Kultur des Friedens und der Gewaltlosigkeit zugunsten der Kinder der Welt" erklärt. In diesem Sinne wandert Jean Béliveau mit seinem dreirädrigen Buggy um die Welt. "Ich möchte Frieden für die Kinder fördern", erzählt er. "Ich maße mir nicht an, die Welt zu verändern. Aber ich möchte ein wenig die Herzen der Menschen berühren. Wenn das gelingt, habe ich meine Mission erfüllt."
Ob in Städten oder Dörfern, in Industrie- oder Entwicklungsländern: immer wieder geht er in Schulen, trifft Organisationen, die sein Anliegen unterstützen, besucht Flüchtlingszentren und Einrichtungen für Straßenkinder. Kinder begleiten ihn ein Stück und schieben seinen Wagen, auf dem er einige Lebensmittel, Kleidung und sein Zelt mit sich führt und der mit der kanadischen Fahne geschmückt ist.
Zu Beginn seiner Reise betrug Béliveaus Budget 4000 Dollar. Luce Archambault, die vor sechs Jahren ihren Beruf in einer Einrichtung für behinderte Kinder aufgab, füllt das Konto im Rahmen ihrer Möglichkeiten auf, etwa 3000 bis 4000 Dollar pro Jahr. Béliveau lebt vor allem von Zuwendungen, die er unterwegs bekommt. "80 Prozent dessen, was ich brauche, erhalte ich von Menschen, die ich treffe." Freunde in Brasilien und eine Fluggesellschaft schenkten ihm das Flugticket nach Südafrika. Er schlief in Schweineställen, auf staubigem Boden und in Strohhütten, aber auch in feinen Villen. "Wir brauchen materielle Dinge, aber es gibt auch die Werte der Menschlichkeit", sagt er. In Peru sei er mit einem Mann gewandert, der ihm sagte: "Ich traf Menschen, die waren so arm, sie hatten nichts anderes als Geld."
In Montreal öffnet Luce Archambault einen Einbauschrank. In einer Kiste liegen Wanderschuhe. Etwa 30 Paar hat Jean Béliveau nach Hause geschickt. Auf den Sohlen ist jeweils notiert, welche Strecke er mit diesem Paar gelaufen ist. "Er hat große Füße. Schuhgröße 12", sagt sie lachend. Es entspricht der europäischen Größe 46 oder 47. Bisher hat er 46 Paar durchgelaufen.
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